Erst wenn man mit Büchern in Berührung kommt, entdeckt man, dass man Flügel hat.
(nach Helen Hayes)
Diese Entdeckung habe ich schon vor vielen Jahren gemacht. Ich möchte meine Leidenschaft, das Lesen, gerne mit anderen teilen. Deshalb habe ich mich entschlossen, diesen Literatur-Blog zu öffnen mit monatlichen Berichten von Büchern, die ich gelesen habe, über Autorinnen und Autoren, die ich kenne, über literarische Veranstaltungen, welche ich besucht habe oder noch besuchen werde. Ich würde mich freuen, viele Gleichgesinnte anzusprechen und Feedbacks zu erhalten.
Peter Niklaus
Mein erster Blog gilt einem Fliegerkameraden, der ein Buch über den Flugpionier Oskar Bider geschrieben hat. Er teilt darin die Leidenschaft aller Aeronauten, sich in die Lüfte zu erheben und gemeinsam mit Wind und Wolken übers Land zu schweben. Nicht in grenzenloser Freiheit, wie Reinhard Mey es besingt, aber fernab von Sorgen und Nöten.
Biders Nacht (Peter Brotschi, Knapp Verlag Olten, 2018, ISBN 978-3-906311-50-0)
Der Flieger Oskar Marcus Bider und die Filmschauspielerin Julie Helene Bider: Er ist Prota-gonist der neuen Mobilität in der Luft und sie Protagonistin einer neuen Kunstform und der Eigenständigkeit als Frau. Das Geschwisterpaar steht für die neue Epoche der Goldenen Zwanziger, die sie aber beide auf tragische Weise nicht mehr erleben sollten.
Zürich, an einem Sonntagabend im Sommer 1919. Eine Gruppe junger Menschen trifft sich an der Bahnhofstrasse. Darunter Leny Bider, die erste Filmschauspielerin der Schweiz, und ihr Bruder Oskar, unbestrittener Star der noch jungen Luftfahrt. Der König der Piloten gibt ein Fest. Er nimmt seinen Abschied von der Militärfliegerei und will eine Fluggesellschaft gründen. Es wird gegessen, getrun-ken, gelacht und diskutiert. Eine schöne unbekannte Frau weckt die Neugierde der Männer. Der Erste Welt-krieg ist vorbei, die Welt steht an einer Zeitenwende. Die Unbeschwertheit, die wirtschaftlichen Aussichten und die Möglichkeiten der modernen Technik lassen die jungen Leute zuversichtlich in die Zukunft blicken. Der Abend wird zu einer langen Nacht und niemand ahnt das Drama, das sie am nächsten Morgen erwar-ten wird. Peter Brotschi verknüpft geschickt die historischen Gegebenheiten aus der Gründungszeit der Schweizer
Luftfahrt mit einer spannenden fiktiven Handlung, die
an den heute noch existierenden Originalschauplätzen in Zürich und Dübendorf spielt. Das Buch holt eine legendäre Nacht zurück in die Gegenwart. Satz für Satz ein spannendes, lehrreiches und berührendes Lesevergnügen, auch für Menschen ohne Flugbrevet.
«Der Autor setzt mit seinem Roman dem Piloten und Unternehmer Bider ein wunderbares Denkmal.» Moritz Suter, Crossair-Gründer
Oskar Bider
Oskar Bider wuchs im basel-landschaftlichen Langenbruck als Sohn des Tuchhändlers Jakob Bider und der Frieda Maria Glur auf. Er wollte jedoch das Geschäft seines Vaters nicht übernehmen, sondern Landwirt werden.
Nach der Rekrutenschule verbrachte er ein Jahr als Gaucho auf der Farm der Familie Huber-Berli in Romang, Provinz Santa Fé, Argentinien. 1912 kehrte er in die Schweiz zurück und trat in Blériots Fliegerschule in Pau (Frankreich) ein. Bereits nach einem Monat erlangte er das internationale Fliegerbrevet.
Biders fliegerische Leistungen:
1913 überquerte er als erster Pilot die Pyrenäen.
Im selben Jahr überquerte er als erster Flieger die Alpen in beiden Richtungen.
An Weihnachten 1913 stellte er mit dem Direktflug von Paris nach Bern einen neuen Rekord auf, denn er war 4 Std. 20 Min. ohne Zwischenlandung in der Luft.
Im Ersten Weltkrieg 1914-18 war er Chefpilot der neugebildeten Fliegertruppe.
1919 umrundete er die Schweiz in 7,5 Stunden (mit Zwischenlandungen).
Am 7. Juli 1919 führte er in Dübendorf nach einem Abschiedsfest und einer durchwachten Nacht Flugakrobatik vor. Dabei verunglückte er tödlich. Er wurde nur 28 Jahre alt.
Seine Schwester, die Schauspielerin Leny Bider, die Oskar sehr nahegestanden hatte, nahm sich aus Kummer über den Tod des geliebten Bruders noch am selben Tag das Leben. Sie war 25 Jahre alt.
Das gemeinsame Grab der beiden kann heute noch auf dem Friedhof der Gemeinde Langenbruck besichtigt werden.
Peter Brotschi
Wurde 1957 in Grenchen geboren. Er absolvierte eine Ausbildung zum Primarlehrer, stieg aber nach 7 Jahren in den Journalismus ein, wurde Redaktor der Solothurner Zeitung, später Redaktionsleiter des Grenchner Tagblattes. Von 1994-2002 war er Chefredaktor der Luftfahrtzeitschrift AeroRevue.
Seit 2009 ist Peter Brotschi Mitglied des Kantonsrates. Im Jahre 2014 war er als Präsident sogar der höchste Solothurner.
Im Militär diente er in der Schweizer Luftwaffe als Major.
Bereits mit 18 Jahren besass er das Segelflugbrevet. Später wechselte er zum Motorflug. Sehr bekannt sind seine hervorragenden Flugaufnahmen, in denen er vor allem die Zersiedelung der Landschaft dokumentierte.
Beim Schweizer Fernsehen war er Luftfahrtexperte.
Peter Brotschi schrieb zahlreiche Bücher, vor allem im Bereich des Fliegens. In seinem Roman Biders Nacht beschreibt er die letzten Stunden des bekannten Fliegers Oskar Bider mit seinen Fliegerkameraden und seiner Schwester Leny, welche so tragisch endeten.
Dabei hat er ein historisches Ereignis absolut spannend interpretiert.
Fazit: Sehr lesenswert! (Nicht nur für Flieger)
Bildnachweise:
Buchcover: Knapp Verlag, Olten
Oskar Bider: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv/Stiftung Luftbild Schweiz / Fotograf: Swissair / LBS_SR02-10131 / CC BY-SA 4.
Oskar und Leni Bider: Das Kollektiv für audiovisuelle Werke GmbH, Zürich (Dokumentarfilm über Oskar und Leni Bider)
Peter Brotschi: Patrick Lüthy, Imagopress Olten
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